slowenische Sprache

slowenische Sprache
slowenische Sprache,
 
südslawische Sprache (slawische Sprachen), die von etwa 1,8 Mio. Menschen in Slowenien (Amtssprache) sowie von Minderheiten v. a. in Italien (Friaul-Julisch Venetien), Österreich (Kärnten, Steiermark) und Westungarn gesprochen wird.
 
Die slowenische Sprache benutzt die lateinische Schrift, die nach dem Vorbild des Tschechischen durch diakritische Zeichen ergänzt wurde. - Die Orthographie folgt im Wesentlichen, relativ konsequent jedoch nur in normativen Wörterbüchern und Grammatiken, dem phonetischen Prinzip.
 
Phonetik, Phonologie:
 
Die Schriftsprache verfügt über ein System von acht Vokal- und 22 Konsonantenphonemen. Durch Einbeziehung der phonologisch relevanten Quantitätsunterschiede wird die Zahl der Vokalphoneme [i, e, ɛ, ə, a, ɔ, o, u] in betonten Silben auf 13 erhöht (í, ú, é, ó, ê, ô, á, ì, ù, [schwag], è, ò, à), in den unbetonten kurzen Silben reduziert sie sich auf sechs (i, u, ə, e, o, a). Betonung, Lang- und Kurzphoneme und phonologisch relevanter Öffnungsgrad von o und e werden jedoch nur in Lehr- und Wörterbüchern durch ein System von diakritischen Zeichen unterschieden, sodass Akzent und Vokalquantität keinen, die Vokalqualität nur einen unvollkommenen grafischen Ausdruck finden, z. B. peti - péti [-e:-] »singen« oder pêti [-ɛ:-] »der fünfte«. Bei den Konsonanten ist die Stimmtonkorrelation deutlich ausgeprägt, sie wird jedoch im Auslaut vor Pause zugunsten der Stimmlosigkeit aufgehoben. Ansonsten gibt es regressive Stimmtonassimilation. Palatale sind neben j nur nj [ɲ] und lj [ʎ]; sie werden in der Regel vor Konsonant und im Auslaut entpalatalisiert, z. B. kònj [kɔn] »Pferd« - kónjski [ko:nski] »pferde...«. In derselben Position wird das Phonem v als [u̯] realisiert, z. B. óvca [o:u̯tsa] »Schaf«, sív [si:u̯] »grau«. In etymologisch begründeten Fällen wird für [u̯] l geschrieben, z. B. vólk [vo:u̯k] »Wolf«. - Der Wortakzent ist frei und innerhalb des Paradigmas frei beweglich.
 
Morphologie, Syntax:
 
Das Substantiv kennt drei Genera und sechs Kasus. Auffällig ist v. a. der lebendige Gebrauch des Duals in Deklination und Konjugation. Die Kategorie der Belebtheit, d. h. die Verwendung des Genitivs statt des Akkusativs zur Bezeichnung von Lebewesen, findet sich nur im Singular der Maskulina. - Die in anderen slawischen Sprachen bewahrten Unterschiede zwischen unbestimmter Kurzform und bestimmter Langform des Adjektivs wurden zugunsten der Langform aufgegeben (Ausnahme Nominativ Singular Maskulin: vélik - vêliki »groß«); ansonsten sind sie zum Teil noch durch Intonationsunterschiede markiert. Die Zahlen von 21 bis 99 werden nach deutschem Muster gebildet: ênaindvájset »ein-und-zwanzig«. - Das Verbum weist neben dem in allen slawischen Sprachen vorhandenen Aspekt die Kategorien Modus, Genus Verbi und Tempus auf. Den Aorist und das Imperfektiv hat die slowenische Sprache im Gegensatz zu den anderen südslawischen Sprachen verloren. Das Supinum, v. a. nach Verben der Bewegung, ist noch in Gebrauch: Šla je vino pit »Sie ist Wein trinken gegangen«.
 
 
Die Wortstellung im Satz ist frei, im Aussagesatz in der Regel jedoch: Subjekt - Prädikat - indirektes Objekt - direktes Objekt.
 
Die Lexik weist neben dem slawischen ererbten Wortbestand Lehnwörter aus der deutschen und italienischen sowie, v. a. seit dem 19. Jahrhundert, aus der russischen, tschechischen, serbischen und kroatischen Sprache auf. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts dringen vermehrt Internationalismen ein.
 
Dialekte:
 
Bedingt durch die geographische und zum Teil politische Lage ist die slowenische Sprache in viele Dialekte zersplittert. Man unterscheidet heute sieben große Gruppen mit etwa 46 Dialekten. Die Schriftsprache beruht im Wesentlichen auf den Unterkrainer und teilweise auch den Oberkrainer Dialekten.
 
 
Die slowenische Sprache weist mit den Freisinger Denkmälern (10.-11. Jahrhundert) das älteste Denkmal auf. Die schriftsprachliche Entwicklung begann jedoch erst mit der Reformation und der Tätigkeit P. Trubars, der u. a. seit 1557 das Neue Testament übersetzte. Es folgten die Bibelübersetzung (1584) von J. Dalmatin und die erste slowenische Grammatik, »Arcticae horulae« (1584) von A. Bohorič, sowie ein deutsch-lateinisch-slowenisch-italienisches Wörterbuch (»Dictionarium quatuor linguarum. ..«, 1592) von Hieronymus Megiser (* 1554 oder 1555, ✝ 1619). In der Gegenreformation ließ diese Aktivität nach, und erst zu Ende des 18. Jahrhunderts und dann v. a. im 19. Jahrhundert gab es wieder verstärkte Bemühungen um die Herausbildung einer Schriftsprache mit der krainerischen Grammatik (»Kraynska grammatika«, 1768) von Marko Pohlín (* 1735, ✝ 1801) und der »Grammatik der Slavischen Sprache in Krain, Kärnthen und Steyermark« (1808) von B. Kopítar. Die slowenische poetische Sprache wurde im Zusammenhang mit dem Aufblühen der slowenischen Literatur im 19. Jahrhundert - v. a. von F. Prešeren - geschaffen. Zu einer normierten slowenischen Staatssprache kam es wegen der Diskussion über das Verhältnis zu anderen slawischen Sprachen (Illyrismus) und zu den älteren protestantischen Vorbildern sowie nach grammatikalischen und orthographischen Variantenbildungen erst Ende des 19. Jahrhunderts.
 
 
G. O. Svane: Gramm. der slowen. Schriftsprache (Kopenhagen 1958);
 F. Bezlaj: Etimološki slovar slovenskega jezika, 2 Bde. (Ljubljana 1977-82);
 R. L. Lencek: The stucture and history of the Slovene language (Columbus, Oh., 1982);
 
Thesaurus der slowen. Volkssprache in Kaernten, hg. v. S. Hafner u. a., auf mehrere Bde. ber. (Wien 1982 ff.);
 F. Tomšič: Nemško-slovenski slovar (Neuausg. Ljubljana 1989);
 R. Lenček u. M. Okuka: A bibliography of recent literature an Macedonian, Serbo-Croatian and Slovene languages (München 1990);
 
Slovenski pravopis, Bd. 1: Pravila (Ljubljana 1990).

Universal-Lexikon. 2012.

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